ADLATUS WINTERTHUR / SCHAFFHAUSEN

Änderung im Aktienrecht: Meldepflicht für Inhaberaktionäre und wirtschaftlich berechtigte Personen


Am 1. Juli 2015 trat das Gesetzt zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen (Bundesgesetz zu Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der „Groupe d’action financière“, einer internationalen Organisation zur Bekämpfung der Geldwäscherei, der Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung vom Massenvernichtungswaffen) in Kraft. Dadurch kommt es zu verschiedenen Änderungen im Aktienrecht, die der Bekämpfung der Geldwäscherei dienen sollen. Besonders stark betroffen sind private Gesellschaften mit Inhaberaktien und damit ein Grossteil der rund 50‘000 Aktiengesellschaften, welche ganz oder teilweise solche Titel ausgeben. Ebenfalls Handlungsbedarf besteht für GmbHs und Genossenschaften. Nicht betroffen sind börsenkotierte Publikumsgesellschaften.


Neuerungen (Zusammenfassung):

1.   Grundlagen

Die Anpassungen folgender Gesetze traten am 01.07.2015 in Kraft:

  • Obligationenrecht;
  • Kollektivanlagengesetz; und
  • Bucheffektengesetz

2.   Meldepflicht bei Erwerb von Inhaberaktien (Art. 697i OR)

  • Erwerber von Inhaberaktien, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, unterliegen der Meldepflicht. Sie haben den Erwerb der Aktien, ihren Vor- und Nachnamen sowie ihre Adresse der Gesellschaft innert Monatsfrist nach dem Erwerb zu melden. Mangels Schwellenwert muss jeder Erwerb – also auch nur einer einzigen Aktie – gemeldet werden. (Siehe auch Übergangsbestimmungen)

3.   Meldepflicht der wirtschaftlich berechtigten Person (Art. 697j OR)

  • Ebenfalls meldepflichtig wird, wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Inhaber oder Namenaktien einer Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25 % des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet. In diesem Fall hat der Erwerber innert Monatsfrist den Vor- und Nachnamen sowie die Adresse jener natürlichen Person zu melden, für die er letztlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person).

4.   Gesetzliche Pflicht zur Führung zweier neuer Verzeichnisse

Neu werden die Gesellschaften verpflichtet, zusätzlich zum Aktienbuch für Namenaktien zwei separate Verzeichnisse zu führen:

a.   Verzeichnis über die Inhaberaktionäre

b.   Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen

Die Verzeichnisse enthalten Vor- und Nachnamen oder Firma sowie die Adresse der Inhaberaktionäre und wirtschaftlich berechtigten Personen. Bei natürlichen Personen müssen zusätzlich das Geburtsdatum und die Staatszugehörigkeit ersichtlich sein.

Die Aktionäre sind verpflichtet, der Gesellschaft jede Änderung mitzuteilen und sich durch Original oder Kopie von Pass, ID-Karte oder Führerausweis auszuweisen.

Die Verzeichnisse – und neu auch das Aktienbuch – müssen so geführt werden, dass in der Schweiz jederzeit darauf zugegriffen werden kann.

Für die Belege gilt eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist.

5.   Folgen bei Pflichtverletzungen / Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates

  • Solange der Aktionär seinen Meldepflichten nicht nachgekommen ist, ruhen die Mitgliedschaftsrechte, die mit den Aktien verbunden sind. Die Suspendierung betrifft insbesondere das Stimmrecht. Seine Vermögensrechte, wie etwa das Recht auf Dividendenausschüttung, kann der Aktionär ebenfalls erst geltend machen, wenn er seinen Meldepflichten nachgekommen ist. Geschieht dies nicht innert Monatsfrist nach dem Erwerb der Aktien, verwirken gar jene Vermögensrechte, welche vor der nachträglichen Meldung entstanden sind.
  • Der Verwaltungsrat ist gesetzlich verpflichtet, sicherzustellen, dass keine Aktionäre unter Verletzung der Meldepflichten ihre Rechte ausüben. Kommt der Verwaltungsrat dieser Pflicht nicht nach, kann dies zu einer Verantwortlichkeit nach Art. 754 OR führen. Zudem könnten GV-Beschlüsse angefochten werden.

6.   Erleichterte Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien

  • Im Zusammenhang mit den Änderungen des Aktienrechts zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen wurde die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien erleichtert. Das Erfordernis einer Statutenklausel, welches diese Umwandlung erlaubt, wurde gestrichen. Im Weiteren gilt neu für den Umwandlungsbeschluss der Generalversammlung zwingend das erleichterte Quorum der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Art. 704a E-OR)

7.   Übergangsbestimmungen / Handlungsbedarf

  • Die Gesetzesänderung ist auf bestehende Gesellschaften anwendbar.
  • Mit dem neuen Recht nicht vereinbare Statuten und Reglemente sind bis am 1. Juli 2017 anzupassen.
  • Personen, die am 1. Juli 2015 Inhaberaktien halten, müssen dies bis am 31. Dezember 2015 der Gesellschaft melden und die nötigen Auskünfte erteilen.
  • Es erfolgt keine rückwirkende Erfassung der wirtschaftlich Berechtigten. Eine Meldepflicht besteht diesbezüglich erst beim Erwerb des genannten Anteils ab dem 1. Juli 2015.

8.   Ausnahmen

  • Von der Neuerung ausgenommen sind börsenkotierte Gesellschaften und Gesellschaften, deren Aktien als Bucheffekten gemäss Bucheffektengesetz ausgestaltet sind

9.   Weiterführende Informationen